Was geschieht bei der Anbetung? Es fiel mir immer wieder auf, wie sehr wir das Geschehen bei der Anbetung auch als Bindungsbeziehung betrachten können, wie wir sie aus der entwicklungspsychologischen Bindungsforschung kennen.
Die Forschungsergebnisse aus der Bindungsforschung, der Säuglingsforschung und der Entwicklungspsychologie zeigen uns immer wieder, dass vor allem über den Blickkontakt mit dem Baby eine Bindungssicherheit hergestellt wird.
Einige Forscher sprechen sogar von dem liebevollen „Glanz in den Augen der Mutter“ (Kohut, 1971), durch den das Kind Liebe, Zuwendung und Annahme erlebt. Dadurch bekommt es ein Gefühl für sein eigenes, individuelles Selbst und fängt an, sich selbst zu erleben.
Deshalb sind die ersten die ersten Tage und Wochen nach der Entbindung des Babies sehr wichtig, zuallererst bezüglich der Bindung zwischen Mutter und Kind.
Denn hier findet von der ersten Lebensminute an über den Blick der Mutter ein sehr wichtiger Austausch statt; natürlich auch über den Blick des Vaters und anderer Bezugspersonen.
Hier erlebt sich das Kind sich angenommen und wertgeschätzt. Es wird wohlwollend gesehen und mit Liebe und Zuwendung beschenkt. Selbstannahme und Selbstbewusstsein beginnen sich in diesem sehr frühen Stadium auszubilden.
Wie entscheidend wichtig der Zuspruch vor allem über den Blick ist, um dem Kind eine gesunde Entwicklung von Selbstvertrauen zu ermöglichen, zeigt die Bindungsforschung immer wieder. Es sind diese liebevollen Blicke, die wir verinnerlichen und aus denen wir letztlich später leben. Sie sind auf der psychischen Ebene sehr wichtige Grundlagen unseres Selbstbewusstseins.
Wenn wir dann gestillt und füttert werden, wenn wir umhergetragen werden, aber auch später, bleiben sowohl Gesichter mit ihrer Mimik als auch das Sich-Anschauen sehr wesentlich bei unserer Kommunikation, und es beeinflusst auch weiter unser Selbsterleben .
Eucharistische Anbetung ist ein Von-Angesicht-zu-Angesicht
Dieser Prozess, wie schon von Beginn an Eltern und Baby sich über die gegenseitigen Blicke miteinander einschwingen, kann sehr gut als Bild für das stille Geschehen bei der eucharistischen Anbetung genommen werden. Eucharistische Anbetung gilt von jeher als ein Von-Angesicht-zu-Angesicht mit Jesus Christus. Hier sind wir unter dem Blick Jesu.
Durch die Anbetung stellt sich gewissermaßen eine Bindungssicherheit mit Gott her.
Wir erinnern uns vielleicht an dieses berühmte Beispiel des Pfarrer von Ars, als er einen Bauern aus seiner Gemeinde fragte, den er immer wieder still vor dem Tabernakel fand und der vor der Feldarbeit oft dort verweilte, was er denn dort mache? Sehr einfach antwortete dieser: Ich schaue ihn an, und Er schaut mich an.
Wie zwischen Mutter und Kind geschieht etwas in diesem Austausch der Blicke. In der eucharistischen Gegenwart Jesu geschieht eine Veränderung, geschehen heilsame Veränderungen.
Denn vor allem fange ich an, den Blick Gottes auf mich immer mehr zu verinnerlichen. Allmählich verstehe ich, dass ich tatsächlich gut geschaffen bin, dass ich tatsächlich eine Würde von Gott her habe, dass ich tatsächlich zu etwas Höherem von Gott gerufen bin und dass es an mir ist, Gott dadurch zu ehren, dass ich dies ergreife und zum Ausdruck bringe.
Sr. Briege McKenna, vergleicht das heilende Geschehen bei der eucharistischen Anbetung mit dem unmerklichen Bräunen in der Sonne. Als irische Ordensschwester diente sie mit ihrem Heilungsdienst vor allem Priestern, dabei stellte sie immer den eucharistischen Christus, die hl. Messe und die eucharistische Anbetung in die Mittelpunkt.
Als sie selbst einmal in der stillen, eucharistischen Anbetung war und sie nichts zu sagen wusste, hörte sie den Herrn sprechen:
„Du musst mir nichts sagen. Sei einfach bei mir. Komm in meine Gegenwart. Es geht nicht darum, was Du für mich tust, sondern darum, was ich für Dich tun will.“ (Sr. Briege McKenna, Miracles do happen, S. 25)
Dann sah sie eine Person, die sich in die Sonne setzte, dort lange verweilte und sich von der Sonne bescheinen ließ. Sie tat nichts, doch langsam begann sich die Haut zu bräunen. Später sahen die Menschen, die sie später traf, an der gebräunten Haut, dass sie in der Sonne gewesen war, und sie selbst spürte ebenso die Auswirkungen bei sich, sie fühlte die Wärme auf der Haut nachwirken.
Sr. Birege hörte dann nochmals den Herrn:
“So ist es, wenn du in meine Gegenwart kommst. Du wirst die Auswirkungen der Zeit, die du bei mir verbracht hast, erleben. Die anderen werden es an deinem Verhalten sehen.“ (Sr. Briege McKenna, Miracles do happen, S. 25)
Suchen wir also die eucharistische Gegenwart des Herrn, um uns immer mehr von Seinem Blick verändern zu lassen!
Wer Interesse an einem intensiven Weg der eucharistischen Anbetung hat, ist herzlich eingeladen, sich Christus in der Eucharistie zu weihen. Mehr dazu –> hier.
LITERATUR
Kohut, H.: Narzissmus – Eine Theorie der Behandlung narzisstischer Persönlichkeitsstörungen. Frankfurt/M 1971
Sr. Briege McKenna, O.S.C.: Miracles do happen. Michigan/US, 1987
VERWEISE
Bilder von unsplash.com mit Dank an
St. John Seminare (Titelbild), Jonathan Borba (Mutter mit Kind), Mikael Stenberg (Vater mit Kind), Brooke Cagle (Gruppenbild), Bundo Kim (anbetender Priester), Joshua Earle (Mann unter Nordlichtern), Aleksandra Sapozohn (Frau in der Sonne)